Interview Mercedes Morán
SIE SPIELEN DIE ARGENTINISCHE MALERIN DELIA DE CARRIL, DIE LANGJÄHRIGE LEBENSGEFÄHRTIN NERUDAS IN DER ZEIT, IN DER DER FILM SPIELT. WAS WUSSTEN SIE VON IHRER FILMFIGUR?
Ich wusste anfangs praktisch nichts von ihr. Ich fing an zu recherchieren und mich mit Informationen zu versorgen und verliebte mich sofort in diese Figur. Aus einer glücklichen Fügung des Schicksals erfuhr dann die argentinische Schriftstellerin María Fasce, dass ich mich auf die Rolle der Delia vorbereitete, und schickte mir ihren neuesten Roman, „La Mujer de Isla Negra“, der sehr wichtig für meine Vorbereitung auf die Rolle wurde. Der Roman ist keine Biografie, er spricht auf sehr sinnliche Weise von ihren Erlebnissen, ihren Gewohnheiten, ihrem Fühlen. Später war der Regisseur Pablo Larraín extrem wichtig, der „La Hormiguita“, der „kleinen Ameise“, wie Delia von Neruda genannt wurde, Gerechtigkeit widerfahren lassen wollte, in Bezug auf die Grenzen sprengende Wichtigkeit, die sie für Nerudas Leben hatte. Das zeigt der Film sehr gut.
WELCHE BEDEUTUNG HATTE DELIA FÜR NERUDA?
Delia und der deutlich jüngere Neruda lernten sich 1934 in Madrid kennen und verliebten sich, mitten in der Hochphase der spanischen Republik. Sie kehren nach Chile zurück, Feste und Versammlungen, die Tür ihres Hauses immer offen für die Freunde, dann kommt die Zeit im Untergrund, in der Neruda den Canto General zu Ende schreibt. Delia tippte seine Gedichte auf der Schreibmaschine, sie war immer mit ihm zusammen.
Sie trug von Anfang an wesentlich zu seiner Berühmheit bei, sie brachte ihn mit den Ideen des Kommunismus in Berührung und machte ihn mit den wichtigen Leuten bekannt. Sie ließ der Kommunistischen Partei große Spenden zukommen, sie finanzierte Nerudas Leben, die Reisen, die Extravaganzen. Sie verliebte sich in den unermesslichen Künstler, der Neruda war, sie besaß genug intellektuelles Format, um seine Bedeutung in all ihren Dimensionen richtig einschätzen zu können. Ich hatte die Gelegenheit, mit vielen Menschen zu sprechen, die sie kannten, sie war eine Frau, die von allen sehr, sehr geschätzt wurde. Am Ende ihres langen Lebens war sie verarmt, nur dank der Unterstützung ihrer Freunde konnte sie einigermaßen zurechtkommen. Aber das ist eine andere Geschichte.